Kromme Rijn 2015

Kromme Rijn, 1.8.2015

 

Ein junggebliebener Klassiker


von Jörg Büttner

 

Nun ist der Kromme Rijn Zwemmarathon, ausgetragen bei und in Utrecht, schon wieder Geschichte. Es sollte mit 24 km das längste Schwimmen werden, dass ich jemals absolviert habe. Die zwei Wochen Tapering vorher waren ambivalent. Kein schlechtes Gewissen an trainingsfreien Tagen ist schön. Die Suche nach einem zweiten Paddler für das Begleitboot zerrte an den Nerven. Zudem war die Ungewissheit bezüglich der eigenen Leistungsfähigkeit sehr groß. Und dann schafften kurz vorher Matthias Kaßner den Catalina Channel, Anke, Karl und Harald ihre Ziele bei der Querung der Straße von Gibraltar und Anke Tinnefeld die Beltquerung. Was, wenn ich mein Ziel nicht schaffe?

Der Veranstalter hatte für die 24 km ein Zeitlimit von nur 9 h vorgesehen. Nach meiner Einschätzung brauche ich für so eine Strecke schon im Becken über 10-11 h. Helfen sollte die Strömung, die aus den Vorjahren mit 10-15% angegeben worden war, dieses Jahr laut Veranstaltungschef aber schwächer ausfiel. Ich tippte auf 9,5-10 h für mich.

Der Krumme Rhein war an der Einstiegsstelle nur ca. 5 m breit. Es gab also keinen Massenstart. Man schwamm so zwischen 9:45 -10 Uhr los und die Kajaks wurden nacheinander ins Wasser gelassen. Das vorhergesagte Gewitter kam nicht, dafür blauer Himmel und Sonnenschein. 20°C sind sehr angenehm zu schwimmen. Auch diesmal habe ich auf eine Silikon-Badekappe verzichtet und mich mit einem dünneren Exemplar begnügt. Mentale Reserve für den Tag X.

(Anmerkung: Jörg hat einen Slot für den Ärmelkanal - Karl)

Der Fluss wurde selten mal 20 m breit, meistens waren es 5-10 m. Zweimal musste man das Wasser kurz verlassen, um ein Wehr zu umlaufen. Die Boote wurden dann von fleißigen Helfern getragen. Mal schwamm man durch Felder, mal an Gärten vorbei, dann wieder durch einen Wald. Einmal stand ein schickes Schloss am Wegesrand, dann wieder hüpften Kinder 3 m neben einem ins Nass. Durch das nahe Ufer und die Strömung hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, unglaublich schnell zu schwimmen. Das wird am Tag X leider ganz, ganz anders sein.

Mein Begleitteam war hervorragend eingestellt und hatte Verpflegung für 150 km an Bord. Sie hätten mich auch bei Blitz und Hagel nicht im Stich gelassen. Im Gegensatz zum Zürichseeschwimmen hatte ich mein Team auch für den Fall instruiert, dass ich irgendwann die Lust verliere und aufhören will.

Nach ca. 4 Stunden hatte ich den ersten mentalen Hänger. Was erst 4 h? Wie soll ich das fünfmal solange durchhalten? Mit Wellen und Quallen, in Dunkelheit und bei 17°C? Dann lief es wieder besser. Erst wurde ich durch eine Kuh abgelenkt, die mitten im (!) Fluss stand. Dann schwamm ich dreimal gegen eine Mauer, die sich unter Wasser längst zur Schwimmrichtung zog. Es war die ehemalige Uferbefestigung, bevor der Fluss verbreitert worden war. Nach ca. 6 h sagte jemand, dass es nur noch 6 km seien. Eine Weile träumte ich davon, dass ich so schnell bin und gab Gas. In einem Bericht hatte ich von einer kilometerlangen Kurve gelesen, die man zu durchschwimmen hat. Ich bemerkte keine derartige Kurve. Nach der Verpflegungsaufnahme nach 7 h schwamm ich wieder ruhiger. Kurz vor der nächsten Verpflegungspause schaute ich nach vorn und sah eine große Brücke. Sie kam mir bekannt vor. „Ist das schon die Zielbrücke???“ „Ja.“ War die lapidare Antwort meiner Lieblingsbegleitpaddlerin. Ich bin dann noch ca. 400 m geschwommen, war nach 7:44 h im Ziel und kann das Ganze noch immer nicht ganz einordnen. Meinen Kommentar bevor ich das Wasser verließ „Das war ja Pillepalle. Lasst mich zurückschwimmen.“ konterte mein Team eiskalt, wendete das Boot und grinste mich an.

 

Was bleibt hängen:
• Ich danke den Veranstaltern sehr für diese wunderbare Veranstaltung, die am ehesten mit dem WakenitzMan zu vergleichen ist – nur ohne Startplatzengpass.
• Ich danke meinen Begleitteam für die tolle Unterstützung.
• Ich wäre mit dem Ergebnis auch dann zufrieden, wenn die Strömungsunterstützung 30% ausgemacht hätte.
• Knapp 8 h Schwimmen haben sich noch nie so gut und ‚einfach’ angefühlt. Ich hatte noch reichlich Reserven, dachte ernsthaft an weiterschwimmen und nur zwei Stunden später schon an eine weitere 10 km Einheit am Folgetag.
• Ich hatte den Anteil von Bananen und Cola in meiner Verpflegung im Vergleich zu allen anderen langen Schwimmen drastisch reduziert und brav zu mir genommen, was am Strand von Dover empfohlen wird. Ich hatte auch hier keinerlei Probleme.
• Ich glaube fest an ein erfolgreiches Ende der nächsten Freiwassersaison.